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Ende der Wende Aktionsbündnis News
Veröffentlicht von Administrator (admin) am 15.04.2016
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Energie- und Umweltministerin Segolène Royal meidet den Streit mit der Atomlobby. Lieber kümmert sie sich um die Fischer, wie hier im März. (Foto: Sylvain Thomas/AFP)


Die Regierung in Paris hatte versprochen, den Anteil der Atomkraft im Land zu reduzieren. Nun aber vertagt sie die Beschlüsse über die Abschaltung von Reaktoren in ferne Zukunft - aus Rücksicht auf die Atomlobby und den Staatskonzern EDF.

Von Leo Klimm, Paris

"Versprechen binden nur jene, die daran glauben." So geht ein französisches Bonmot, das Pariser Politiker - etwa Ex-Präsident Jacques Chirac - immer wieder gern zitiert haben. Die Devise lässt sich nun auch auf das Versprechen des gegenwärtigen Präsidenten François Hollande anwenden, er werde eine Atomwende à la française herbeiführen. Das Versprechen lautet, dass Frankreich bis 2025 den Anteil der Atomenergie an seiner Stromproduktion von heute rund 75 Prozent auf 50 Prozent senkt.

Jetzt aber erklärt Energieministerin Ségolène Royal, die heiklen Beschlüsse über die Abschaltung von Reaktoren würden erst zwischen 2019 und 2023 gefasst. Nur dann müssten "Entscheidungen getroffen werden, in Abhängigkeit der dann festgestellten Entwicklung der erneuerbaren Energien sowie der Stromnachfrage", so Royal in der Zeitung Le Monde. "Ich habe mich entschlossen, in zwei Schritten vorzugehen und zuerst bei den erneuerbaren Energien voranzuschreiten." Unverhohlen räumt Royal ein, dass sie Ärger mit der starken Atomlobby ihres Landes scheut: Der nukleare Komplex sei "schwieriger zu behandeln und konfliktgeladen". Das Eingeständnis offenbart auch, dass der Konflikt um den künftigen Stellenwert der Atomkraft in Frankreich längst nicht entschieden ist - ungeachtet des schon geltenden Energiewende-Gesetzes.

Mit ihren Äußerungen verschiebt Royal die konkreten Beschlüsse zur Abschaltung von Kraftwerken auf die Zeit nach der Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr. Zugleich macht der von ihr genannte Entscheidungszeitraum bis 2023 klar, dass das offizielle Ziel kaum mehr erreichbar ist: Frankreichs Rechnungshof zufolge müssten 17 bis 20 der landesweit 58 Reaktoren vom Netz, um den Atom-Anteil bis 2025 auf 50 Prozent zu senken. Das dürfte mit Royals Kalender nicht zu leisten sein.

Das Versprechen von der Atomwende hatte Hollande einst mit Rücksicht auf Grünen-Wähler gegeben. Der unausgesprochene Bruch des Versprechens passiert nun mit Rücksicht auf die Interessen des staatlichen Strommultis EDF, der die 58 Reaktoren betreibt, sowie der 158 000 Konzernmitarbeiter. Denn die Schließung der Meiler könnte die ohnehin schon schwierige Lage von EDF verschlimmern: Wie die gesamte Branche leidet das Unternehmen unter dem Einbruch der Energiepreise, der EDF-Gewinn sank zuletzt drastisch. Gleichzeitig muss der hoch verschuldete Konzern Zusatzkosten verkraften: Der Bau eines neuartigen Druckwasserreaktors in Flamanville in der Normandie kostet mit 10,5 Milliarden Euro dreimal mehr als veranschlagt. Die EDF-Gewerkschaften sehen den Konzern gar "am Rande der Pleite" - und warnen vor einer weiteren Milliardeninvestition in ein Reaktorprojekt, in Großbritannien diesmal. Doch die Regierung, die zu Hause von der Atomwende spricht, drängt EDF zu dem Vorhaben, weil sie erklärtermaßen zugleich den Export von Nukleartechnik ankurbeln möchte.

Die Ankündigung von der Atomwende im Heimatmarkt hat EDF bisher ignoriert. Das Unternehmen bereitet im Gegenteil eine Laufzeitverlängerung aller französischen Reaktoren vor - mit einer Ausnahme: Das umstrittene, weil störanfällige Kraftwerk Fessenheim, direkt an der deutschen Grenze gelegen, könnte Ende 2018 heruntergefahren werden. Hollande hatte die Schließung ursprünglich für 2016 versprochen. In diesem Sommer soll sie per Dekret zumindest eingeleitet werden.

Allerdings möchte die Regierung die in Fessenheim verloren gehende Stromproduktion durch Atomkraft ersetzen: Die tatsächliche Schließung des elsässischen Werks macht sie davon abhängig, dass der Reaktor in der Normandie Ende 2018 ans Netz geht. Doch vom Bau in Flamanville, der sich schon um sechs Jahre verzögert hat, werden diese Woche neue Probleme gemeldet: Fehlerhafte Legierungen am Druckkessel erfordern bisher nicht geplante Tests, räumte EDF am Mittwoch ein.

Das umstrittene Kraftwerk Cattenom könnte noch Jahre in Betrieb bleiben

In Deutschland sorgen wiederkehrende Meldungen über Zwischenfälle in den grenznahen Atomkraftwerken Fessenheim und Cattenom für Sorge. Die Bundesregierung ebenso wie Luxemburg, an dessen Grenze Cattenom liegt, fordern die Schließung der pannenträchtigen Reaktoren. Luxemburg versuchte zuletzt, die französische Atomwende etwas zu beschleunigen, indem es Frankreich sogar Geld für die Abschaltung von Cattenom bot. Nach Royals Plänen müssen sich Deutsche und Luxemburger nun aber eher darauf einstellen, dass zumindest Cattenom jahrelang in Betrieb bleibt.

In Frankreich sind die Reaktionen auf Royals Manöver gespalten - auch außerhalb der Atomwirtschaft. Der nationale Verband für erneuerbare Energien begrüßt die Ankündigung der Ministerin ausdrücklich. Die Akteure der Wind- und Solarbranche sind zufrieden, dass Projektausschreibungen und Fördermittel jetzt nicht mehr an die Abschaltung von Atomkraftwerken gebunden sind. Bei Umweltverbänden dagegen stößt Royals Plan auf scharfe Kritik: "Man kann nicht die Erneuerbaren Energien absichern ohne zugleich zu garantieren, dass man am Markt und im Stromnetz Platz für sie machen wird", heißt es etwa bei Greenpeace.

Zuletzt geändert am: 15.04.2016 um 08:40:19

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